Wie hat sich der Unterricht seit April 2020 weiterentwickelt?

Laut der Umfrage des Schulbarometers haben Lehrende und Schulen seit Beginn der COVID-19 Pandemie viel dazugelernt: Digitale Tools werden vermehrt eingesetzt, viele Schulen arbeiten mit Lernplattformen. Es fehlen aber weiterhin verbindliche didaktische Konzepte, Support und Hardware.

In Deutschland wurden im Dezember 2020 / Januar 2021 zum zweiten Mal die Schulen mehrheitlich auf remote learning umgestellt. Das war 300 Tage nach den Schulschließungen im März 2020, wo viele von der Umsetzung von Präsenz- auf remote learning überrascht wurden. 

Wie hat sich der Unterricht seit April 2020 weiterentwickelt? Mit welchen Herausforderungen setzen sich Lehrende aktuell auseinander?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wurde eine Forsa-Umfrage von der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT in Auftrag gegeben. Befragt wurden insgesamt 1.015 Lehrende aus Grundschulen, Haupt-, Real-, Gesamtschulen, Gymnasien und Förderschulen. Der Befragungszeitraum war vom 9. bis 15. Dezember 2020 und wurde als Online-Befragung umgesetzt (Die Erhebung erfolgte weitgehend in den Tagen vor der Verkündung der Beschlüsse eines neuen „Lockdowns“ am 13. Dezember.).

Ich selbst beteilige und engagiere mich selbst seit April 2020 in verschiedenen Formaten (Weiterbildung und individuelle Unterstützungsangebote) um Lehrende in dieser Situation zu helfen. Da ich selbst über mehrjährige Fernlehrerfahrung verfüge (allerdings mit Erwachsenen), kann ich didaktische Konzepte und Ideen, als auch technisches Grundlagenwissen weitergeben und mich mit Lehrenden zugleich über ihre Erfahrungen mit ihrer Zielgruppe austauschen.

Zusammenfassung:

Anfang April 2020 wurde eine erste Befragung zur Situation an den Schulen umgesetzt. Aus ihr ging hervor, dass sich “Schulen haben sich auf den Weg gemacht und sich vor allem im Online-Unterricht weiterentwickelten. Sie zeigt zugleich aber auch, dass noch vieles auf der Stelle tritt.”(Kuhn13.01.2021)

  1. Die Umfrage im Dezember 2020 zeigt, dass sich etwa die Hälfte der Lehrenden mit digitalen Tools und Lernumgebungen zur Unterrichtsbegleitung und -unterstützung auseinandersetzen.
  2. Allerdings hat die Umfrage auch ergeben, dass 39% der Lehrenden weder die Erfahrungen ihrer Schüler*innen noch die der Eltern in eine Konzeptentwicklung für das Schuljahr 2020/21 berücksichtigt haben.
  3. Die Ergebnisse der Folgebefragung sind von Ambivalenz gekennzeichnet. Einerseits setzen Lehrende digitale Tools vermehrt in der Unterrichtsgestaltung ein.
  4. Andererseits haben Schulen in dem Zeitraum von 8 Monaten nur wenige verbindliche Konzepte digitaler Lehre etabliert.
  5. 40% der befragten Lehrenden gaben an, dass diese über keine Strategie verfügen während des digital geprägten Unterrichts zu den Schüler*innen, als auch den Eltern aufrecht zu erhalten.
  6. 57% der Befragten gaben an, dass es an Kompetenzen der Lehrkräfte in der Anwendung digitaler Lernformate mangele,
  7. und 58% fühlen sich nicht ausreichend über den Datenschutz informiert.

Herausforderungen

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  • Wenig Planbarkeit (79%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (85%)
  • Zu hohes Arbeitspensum (74%): höchster Anteil in der Gruppe der 40-49 Jährigen (79%)
  • Sorge um die Gesundheit (72%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (74%)
  • Zunehmende Entgrenzung von Arbeit und Freizeit (66%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (75%)
  • Mangelnde Unterstützung beim Wechsel- oder Fernunterricht (61%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (63%) und der 40-49 Jährigen (63%)
  • Fehlende Qualifikation (44%): höchster Anteil in der Gruppe der 60 Jährigen und älter (48%)

Herausforderungen im Wechsel-, Hybrid- bzw. Fernunterricht

  • die Unterstützung der Schüler*innen in Problemlagen sicherstellen (58%)
  • individualisierte Rückmeldungen für alle Schüler*innen sicherstellen (56%)
  • individualisierte Arbeitsaufträge für alle Schüler*innen bereitstellen (55%)
  • die emotionale und motivationale Unterstützung der Schüler*innen sicherstellen (49%)
  • Durchführung von (Abschluss)prüfungen (46%)
  • Erreichbarkeit von Schüler*innen (31%)

Nutzung digitaler Formate

Die Forsa-Umfrage zeigt ebenso auf, dass Lehrende (44%) davon überzeugt sind, dass durch COVID-19 zu langfristig positiven Veränderungen an ihrer Schule führt. Mit 50% am stärksten vertreten ist diese Ansicht bei Lehrkräften von Haupt-, Real- und Gesamtschulen. 69% der Lehrenden wollen zukünftig die neu erworbenen Kompetenzen einer digitalen Unterrichtsgestaltung weiterhin einsetzen. 53% der Lehrenden wollen ihre Schüler*innen zusätzlich mehr in die Verantwortung nehmen. 49% der Lehrenden haben jedoch auch die Hoffnung, dass nach der Pandemie die alten Routinen und Lehr- und Lernformate wieder aufgegriffen werden können. 

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Kommunikation und Betreuung im remote Unterricht

Die an der Befragung teilgenommenen Lehrenden wurden gebeten anzugeben, wie sie mit ihren Schüler*innen bzw. Eltern kommunizieren (würden).

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  1. Ein Großteil der Lehrenden würde per E-Mail (79%) oder
  2. über digitale Lernplattformen (73%) kommunizieren,
  3. mehr als die Hälfte darüber hinaus über das Telefon (58%).
  4. Mehr als jeder Vierte würde außerdem in Papierform (29%) und/oder
  5. über die schuleigene Website (27%) mit Schüler*innen und Eltern kommunizieren.
  6. 22% der Lehrenden würden soziale Medien bzw. Messengerdienste nutzen.

„Digitale Lern- und Arbeitsplattformen würden an weiterführenden Schulen deutlich häufiger genutzt als an Grund- und Förderschulen, dort hingegen deutlich häufiger Telefon und insbesondere die „Papierform“. Lehrerinnen würden häufiger als Lehrer Telefon und Papier für die Kommunikation mit Eltern und Schülern nutzen, Männer hingegen etwas häufiger digitale LernPlattformen, was aber auch mit der Geschlechterverteilung an den verschiedenen Schulformen – insbesondere den Grund- und Förderschulen – zusammenhängt.“ (Schulbarometer 2021, S.26)

Quellen:

  1. forsa (21.12.2020), Das Deutsche Schulbarometer, Spezial Corona-Krise: Folgebefragung
  2. Kuhn, A. (13.01.2021), Sind Schulen jetzt besser auf den Fernunterricht vorbereitet?

The digitalization of the University of the future (university of the future network)

Some time ago, I had the opportunity to talk to people who were discussing the future of the university.

Some statements are summarized in the following video. The interviewed experts comment on the effects of digitisation on the universities of the future from different professional and international perspectives.

The selected interview excerpts are focussing the challenges and opportunities for teaching and learning at the universities of the future. Among other things, reference will be made to the impact on the roles and functions of university teachers and on the way in which teaching and learning are conducting at universities. The video includes interesting sections with impressive and multi-perspective visions of possible development scenarios for university teaching and learning in the future.

To see the video, please click on the link. The video is embedded on the site „University of the Future Network„.

It was a great experience to work with this team and the interviewees. The interviewees come from the international higher education sector.

The interviewees from the university of the future network:

Hybrid meetings in Distance Education

The following text describes my approach to implementing a hybrid meeting in a distance learning context. First, I explain my understanding of a hybrid meeting (1), then my target group (2), followed by my concept (3) and, finally, my experiences when I implemented this concept into a real-life situation (4).

  1. What is a hybrid meeting?

Hybrid meetings are an important concept for work processes of the future (these are already current international work processes, with the exception of Germany). A hybrid meeting combines a traditional “live” in-person meeting with a “virtual” online component. The biggest challenge in a hybrid meeting is the communication design. For example, how do I communicate effectively with the distant participants as well as those in front of me in the room? How can I create the exchange of ideas and communication between participants at the different locations? In my role as a moderator, I am the link between the live participants and the virtual participants.

The attention span of the distant participants is shorter than that of the present participants, therefore the individual speakers must show more commitment than in a face-to-face conversation. They must acknowledge remote attendees and look at the camera. The loss of physical connection requires speakers to develop new skills to engage. So, the participants and especially the moderator (myself) must pay attention to the camera, and remember there are interested people on the other side of it.

      2. Hybrid meetings in higher education

In the semester (WS2018/2019) I offered a hybrid PV (classroom event) to my students at the FernUniversität in Hagen. The aim was to enable my students to get in contact with other students, to get to know each other, to exchange ideas and to collaborate. Creation of connection between students is a big challenge in distance education.

Preparation and planning are very important for this kind of meeting set up. A clear and transparent structure is necessary for the orientation of the students and organizer.

In my hybrid meeting, phases of collaborative work on-site (at the regional center of the FernUniversität in Hagen) consisted of alternate virtual presentations and discussions in large groups. Three regional outpost centers/campuses (Berlin, Munich, and Hagen) were included. The event took place over two days. During planning of this meeting, I considered the experience of my students, both present in the room as well as my virtual students, who were present via different regional centers/campuses online.

I wanted to give the students the experience that they could learn to motivate themselves for different learning processes at any time. For this reason, I chose to implement the hybrid meeting with low-level technology, (although we also have two high tech rooms for hybrid events at the FernUni). The opportunity to create a meeting, thereby, becomes easily accessible to students for future use.

        3. My concept of a hybrid meeting

Before the meeting starts, I informed the students (20 students were present) about the technical basics of the event and appointed a technical manager for each location. With a hybrid meeting, presentation material including slides, video and other background information needs to be pre-prepared, loaded onto the web streaming portal and tested in advance. I used the same curricula for my online audience and my in-room audience.

The tasks of the participants are to use their pre-existing knowledge and transfer it to personal experiences and concrete applications during the hybrid meeting. The content of the hybrid meeting consists of three tasks, which increase in difficulty, as their learning support services are gradually reduced. The 4C/ID model (van Merriënboer & Kirschner, 2013), as well as the five-step model according to Salmon (2013), serves as a theoretical basis for this process.

The 4C/ID represents a model that, in order to increase the transferability of skills, trains students in authentic learning environments. Learning tasks, support resources,new knowledge and, if necessary, the training of simple partial skills (part-task practice) are the main building blocks of the didactic model, which are further developed by the moderator and by the learner (van Merienboer & Kirschner, 2013, p. 12; Ifenthaler & Eseryel, 2013, p.418). Similarly, according to Salmon (2013), in the five-step model, the teacher’s support in online learning processes (e-tivities) decreases.

All three tasks, which are worked in hybrid PV, can be described in general terms as processes of elaboration and subsequent presentation (via Adobe Connect), which build on one another. The elaborations take place as collaborative and cooperative processes.

During the first task, the processing and approach are strongly supported in terms of structure and content, whereas, by the third task, this support service is almost completely omitted.

        4. My experiences and questions

During the hybrid meeting, I learned to endure silence and chaotic discussion. There were minutes when nobody spoke, and I felt I should speak for them. There were also minutes when I thought I should intervene in the chaos of the conversation. But two, three minutes wait on my part brought the communication back into flow. Trust in the abilities of the students, and personal composure, are important key elements.

As a final note, e-learning experts suggest that broadcast sessions shouldn’t be longer than 30 minutes. Not all the content presented at a live event is suitable for a remote audience. Professionals with experience creating hybrid events say that they often adapt the content of their face-to-face events to the needs of there mote audience by, for example, offering shorter sessions.

References:

  • Ifenthaler, D., & Eseryel, D. (2013). Facilitating complex learning by mobile augmented reality learning environments. In Reshaping Learning (pp. 415–438). Springer.
  • Merriënboer, J. J. G. van, & Kirschner, P. A. (2012). Ten Steps to Complex Learning: A Systematic Approach to Four-Component Instructional Design (2 edition). New York: Routledge.
  • Salmon, Gilly (2013): E-tivities. The Key to Active Online Learning. New York & London: Routledge. Second Edition

Johannes Heinlein / edX: „Cat is out of the bag“: Interviewreihe (Hochschulen der Zukunft)

In den letzten Wochen und den nächsten Wochen, habe ich und werde ich sehr interessante Persönlichkeiten zum Thema, wie könnten Hochschulen zukünftig aufgestellt sein, interviewen. Erste Eindrücke der Interviews gehen in ihrer Vielfalt mit dem Verlauf der Zeit gerne verloren. Um diesem entgegen zu wirken, versuche ich diese über meinen persönlichen Blog zu bewahren.

Erinnerung: Raum für Begegnungen

Wir entschieden uns an diesem kalten Tag (Dezember 2017) mit der U-Bahn zu fahren. Glücklicherweise war der Treffpunkt, der Gebäudekomplex von edX, nah am MIT gelegen. So fuhren wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, U-Bahn und Bus, trotz eisigen Wetters von mehreren Minusgraden, bis zum MIT. Durch eine Campusführung am vorherigen Tag, wussten wir, dass ein Großteil des Gebäudekomplexes über den riesigen Campus des MIT miteinander verbunden war. Um der Kälte zu entkommen, suchten wir den Weg durch die warmen fast labyrinthartigen Gänge des MIT, um zu dem Ausgang zu gelangen, der dem edX Gebäude am nächsten lag.

Während wir auf Johannes Heinlein beim Empfang warteten, kamen immer wieder Mitarbeiter aus den verschiedenen Büros, um im Empfangsbereich die Kaffeemaschine zu bedienen. Uns wurde ebenfalls Kaffee angeboten und ich beobachtete beim Trinken die zufälligen Begegnungen an der Kaffeemaschine an dieser ungewöhnlichen Stelle. Eine Sitzlandschaft lud die Menschen, die länger in einer Diskussion verweilten ein, auf ihr Platz zu nehmen. Ich war beeindruckt, welche Wirkung guter Kaffee und ein paar einladende Sessel auf die Gesprächskultur am Empfang haben konnten. Jedes neue Gesicht, wurde von dieser warmen, geschäftigen und dennoch einladenden Atmosphäre empfangen.

Zu edX:

EdX ist eine Plattform für MOOCs (Massive Open Online Courses) auf der weltweit Kurse aus den verschiedensten Themenbereichen angeboten werden.  Die Mission von edx ist:

  1. Kostenlose Inhalte für Lernende (weltweit) bereit zu stellen
  2. Hochschulen zu verändern
  3. Durch Forschung Lernergebnisse verbessern

 

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HarvardX – Videostudio

EdX ist eine Kooperation von Harvard und dem MIT. Ihr Ziel ist es als unabhängige und das Gemeinwohl unterstützende Stiftung die Diskussion zur digitalen Transformation in der Bildung positiv mitzugestalten. EdX agiert unabhängig, ist aber einem Aufsichtsrat (bestehend aus MIT und Harvard) rechenschaftspflichtig. EdX Ziel ist es, verschiedene Reaktionsmöglichkeiten auf Digitalisierungsprozesse und den damit einhergehenden Veränderungen zu sammeln und mit seinen Partnern (Hochschule, Industrie, Politik), zusammen zu evaluieren und dann strategische Lösungen aufzuzeigen.

 

 

Johannes Heinlein ist als Vicepresident für strategische Partnerschaften seit Beginn dieses Projekts bei edX tätig. Davor war er in Harvard tätig, wo er für strategische Transformationsprojekte zuständig war. EdX ist eines dieser Projekte. Er ist dementsprechend seit der Gründung, 2012, in dieses Projekt involviert.

Aus dem Interview hat mich am Stärksten beeindruckt:

 

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HarvardX – Büro

Bemerkenswert finde ich, dass sich zwei sehr gute Universitäten zu einer Kooperation zusammengeschlossen haben, um der Digitalisierung und ihre Einflüsse auf Hochschulen als der zukünftig stärksten Veränderungsbewegung nachzugehen. EdX weiß/wusste nicht, inwieweit sich Hochschulen im Zuge der Digitalisierung verändern werden, edX wusste nur, dass sie verändert werden. Um diesen Gestaltungsprozess von Vornherein aktiv mit zu gestalten, haben sich diese beiden Eliteuniversitäten zu der Kooperation zusammengeschlossen und bereits mehr als 80 Millionen Dollar in das Projekt investiert. Bemerkenswert finde ich an dieser Stelle, dass gerade diese beiden Universitäten, von einem Wandel am Spätesten betroffen wären. Jährlich nehmen diese nur etwa 5% der Bewerber an und das bei Gesamtstudiengebühren von etwa 80.000 $. Harvard und MIT sind in einer exzellenten Situation, sie könnten abwarten, beobachten und dann erst auf Digitalisierung reagieren. Genau das, so Johannes Heinlein, sei aber die deutsche Herangehensweise. EdX will hingegen nicht aus dem Nachgang reagieren, sondern maßgeblich den Diskussionsprozess zur Digitalisierung mitgestalten und alle Interessierten in diesen Diskussionsprozess einladen.

  • Das MIT (Massachusetts Institut of Technology) , gilt als eine der weltweit führenden forschungsintensiven Eliteuniversitäten.
  • Die Harvard University ist die älteste Universität der Vereinigten Staaten. Harvard erreicht ebenfalls in internationalen Vergleichen einen Spitzenplatz unter den besten Eliteuniversitäten.

Im weiteren Gesprächsverlauf wurde diese Haltung immer deutlicher. EdX (und damit

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HarvardX

Harvard und MIT) macht Ernst! Die Studienkosten in den USA sind immens und verhindern vielen einen Besuch an der Uni. Aus diesem Grund versucht edX nicht nur die Linearität des Lernens über modalisierte und personalisierte Angebote aufzubrechen, sondern schafft es mit Hilfe von MicroMaster Programmen die Kosten der Studierenden fast zu halbieren. So bietet MIT einzelne Kurse bis hin zu ganzen Programmen jeden auf der Welt Interessierten an, diese online zu absolvieren. Wird das Programm erfolgreich abgeschlossen, so kann der Teilnehmende gegen eine kleine Gebühr ein Zertifikat erwerben. Diese Vorgehensweise von diversen MOOC-Plattformen ist mittlerweile weitgehend bekannt. Der Schritt weiter ist, dass die an dem MicroMaster zertifizierten Teilnehmenden, dieses Zertifikat als einen Teil des Studiums bei ihrer Bewerbung am MIT anrechnen lassen können und ihre Campuskosten um die Hälfte reduziert werden können, da diese Studierenden nicht mehr mit den Einführungskursen anfangen brauchen, da sie diese online abgeschlossen haben, sondern schon weiter fortgeschritten in ihrem MIT Studium sind. Ihre Anwesenheitspflicht auf dem Campus wird auf das aktuell Notwendigste reduziert.

Aktuell können auf der edX-Plattform bis zu 50 MicroMaster Programme gefunden werden.

Erinnerung: Verabschiedung

Ich erinnere mich noch, wie wir nach dem Interview innerhalb von 30 Minuten bei HarvardX sein sollten, um von den Mitarbeitern vor Ort einen kleinen Einblick in ihre täglichen Aufgaben und Arbeitsumgebung zu erhalten. An und für sich war die Entfernung zwischen dem MIT Campus und dem Harvard Campus mit dem Auto leicht innerhalb weniger Minuten zu bewerkstelligen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln jedoch sollte sich die Zeit bis ins Unendliche dienen. (Das verriet uns Google-Map, ein Dienst, der in den USA um ein Vielfaches detaillierter und serviceorientierter arbeitet.) Johannes Heinlein war, wie auch schon vorherige Begegnungen in Bosten, überrascht, dass wir nicht Uber oder Lyft benutzten. Diese Dienste hätten mittlerweile den Stellenwert von öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir bezweifelten allerdings die Anrechenbarkeit dieser Dienste im deutschen Bürokratiewahnsinn.

Noch während wir diskutierten, bestellte uns Johannes Heinlein über seinen Account einen Uberfahrer, der uns Minuten später zum gewünschten Ort brachte. Danke.

Im Nachhinein muss ich über diese Verabschiedung schmunzeln, da in dieser Verabschiedung der im Interview diskutierte kulturelle Unterschied zwischen den USA und Deutschland anhand eines Beispiels praktisch vor Augen führt. Wir als Deutsche möchten erst wissen, was passiert und wie etwas im Zusammenhang steht.

Sree Sreenivasan: Interviewreihe (Hochschulen der Zukunft)

In den letzten Wochen und den nächsten Wochen, habe ich und werde ich sehr interessante Persönlichkeiten zum Thema, wie könnten Hochschulen zukünftig aufgestellt sein, interviewen. Erste Eindrücke der Interviews gehen in ihrer Vielfalt mit dem Verlauf der Zeit gerne verloren. Um diesem entgegen zu wirken, versuche ich diese über meinen persönlichen Blog zu bewahren.

Erinnerung: Abenteuer bei der Locationsuche

Eine gute halbe Stunde standen wir vor dem Lower East Side Tenement Museum in Manhattan/New York und versuchten einen Raum für das später anstehende Interview zu organisieren. Ganz spontan! Trotz aller Gastfreundlichkeit war dieser Ansatz dann

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Interview mit Sree Sreenivasan am 15.12.2017 / New York

doch zu spontan! Gerne hätte man uns unterstützt, zumal unser nächster Interviewpartner hier einen Mittagstermin mit der Geschäftsführung hatte. Jedoch war in diesem Museum jedes Büro; jede freie Räumlichkeit an diesem Morgen vergeben. Mehrere Schulklassen wurden erwartet. Laute und entdeckende Kinderstimmen waren dann im Museum nicht mehr zu überhören. Eine ruhige Ecke für unser Interview schien es in diesem Museum nicht mehr zu geben. Darüber war ich erstaunt und freute mich auf der anderen Seite. Erstaunt war ich, weil man in diesem Museum laut sein durfte. Ich beneidete ein wenig die kleinen Besucher. Ich hatte Museen in meiner Kindheit oft als Orte der Stille wahrgenommen.

 

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Sreenshot / Google Maps

Einen Tag vorher waren wir schon einmal vor Ort gewesen und hatten uns die Umgebung angesehen. Unser Interviewpartner hatte uns wenige Tage vorher gebeten nach einer geeigneten Location für das Interview Ausschau zu halten. Ich fand diese Bitte abenteuerlich und herausfordernd! Uns blieb aber keine andere Wahl! Einem von uns fiel auf, dass sich in der Nähe das Goethe Institut befand. Normalerweise unterstützte das Goethe Institut Anliegen der FernUni in Hagen, wenn da nicht die Kooperation nur wenige Wochen vorher aufgelöst worden wäre und wenn das Interview nicht an einem Morgen stattgefunden hätte!

 

So blieben uns nur noch die Kaffees. In Deutschland hatte ich mit diesen Orten gute Erfahrungen gemacht, hier in New York hatte ich den Eindruck, waren alle (guten) Kaffees eng, laut und immer sehr gut gefüllt! Glücklicherweise befand sich noch ein Hotel vor dem Museum. Die Lobby war ruhig und hätte sich für unser Interview eignen können. Ein kurzes Gespräch mit dem Geschäftsführer offenbarte jedoch, dass er keine Videoaufnahmen von diesem Ort wünschte, dennoch bot er uns an das Interview per Audio aufzunehmen. Immerhin, wir freuten uns doch irgendwie darüber.

Denn die winterliche New York Kälte fraß sich langsam durch meine Stiefel und den zwei Paar Socken hindurch.

Begegnung:

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Interview mit Sree Sreenivasan im „New York Street Style“ am 15.12.2017

Unser Interviewpartner, Sree Sreenivasan, erzählte uns bei seiner Ankunft, dass er sich ein wenig verfahren hatte. Ich war überrascht und schmunzelte, als er seine Geschichte erzählte. Lebte er doch schon viele Jahre in New York und auch er stieg in die falsche Subway ein und bemerkte es dank Kopfhörer und dem Blick auf dem Handy erst, als das Tageslicht für ihn gefühlt zu früh auf der Fahrt auftauchte (ähnliche Situationen kennen wohl einige ;)).  Auch hierbei handelt es sich um ein Aspekt der Digitalisierung und genau darum sollte unser Interview gehen. Wir wollen/wollten von Personen wissen, welche Erfahrung sie mit der Digitalisierung in der Hochschulbildung gemacht haben.

Wir berichteten ihm hingegen von unserem Abenteuer nach der Suche einer ruhigen Location. Erstaunlich gelassen nahm er die Umstände an und meinte, dass er eine kurze Zusammenfassung im „New York Street Style“ auf der Straße einsprechen konnte. Ich fand den Begriff „New York Street Style“ auf der Stelle sympathisch. Für mich bedeutete er in diesem Moment Flexibilität, Spontanität und Unkompliziertheit.

zur Person:

Sree Sreenivasan arbeitet heute freiberuflich als Digital & social strategist in der ganzen Welt.

Er verfügt über Erfahrungen als Chief Digital Officer (CDO) beim New York Governement, dem Metropolitan Museum of Art und der Columbia University. Zudem lehrte er an der Columbia University Graduate School of Journalism.

Er ist auf vielen Social Media Kanälen sehr präsent und es war spannend für mich, ihm bereits vor dem Interview zu folgen und von ihm zu lernen.

aus dem Interview nehme ich mit:

Sree Sreenivasan stellt eindringlich und deutlich heraus, dass Hochschulen ihrer Zielgruppe zuhören müssen, indem, was diese benötigen. Er prangert an, dass die Studierenden Inhalte lernen, die sie nur selten bis nie gebrauchen können. Oft befinden sich diese auf einer hohen abstrakten und theoretischen Ebene, welche aber nur ein Bruchteil von Studierenden jemals einsetzen wird.

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Selfie mit Sree Sreenivasan am 15.12.2017 / New York

Er fordert, dass Hochschulen bzw. Ausbildungsinstitutionen dazu auf, die bestgeeignesten Personen in das Lehrkonzept zu integrieren. Als Befürworter von blended learning Konzepten wäre dies für ihn bspw. folgendermaßen möglich. Die besten Personen können durch online Elemente von jedem Ort aus ihre Inhalte transportieren und in einer kleineren Runde vor Ort kann sich der Lernende mit den Inhalten konkret mit einer kleineren Anzahl von Interessierten auseinandersetzen. Sree Sreenivasan bezeichnete dies als magischen Moment, in dem etwas eigenes und vorher nicht Geplantes ausgelöst werden kann. Interessant fand ich seinen Vergleich mit einem Gemälde, das man sich über Internet und/oder in einem Museum mit anderen Besuchern ansehen kann. Den Austausch mit anderen vor Ort bezeichnete er als einen Moment, in dem „magic happen“.

 

Charles Fadel: Interviewreihe (Hochschulen der Zukunft)

In den letzten Wochen und den nächsten Wochen, habe ich und werde ich sehr interessante Persönlichkeiten zum Thema, wie könnten Hochschulen zukünftig aufgestellt sein, interviewen. Erste Eindrücke der Interviews gehen in ihrer Vielfalt mit dem Verlauf der Zeit gerne verloren. Um diesem entgegen zu wirken, versuche ich diese über meinen persönlichen Blog zu bewahren.

Schnee lag auf den Straßen in Boston, als wir uns an diesem Morgen nach Harvard aufmachten. Ich war neugierig auf diese altehrwürdige Universität und wollte wissen, wie es sich anfühlt meine Füße auf dieses sagenumwobende berühmte Gelände zu setzen.

Der Regen setzte mit unserer Ankunft auf den Campus ein und ich musste mir eingestehen, dass mich der „Spirit“ zwischen und in den Häusern viel mehr interessierte, als der Campus selbst. Dieser war aber aufgrund des Regens und meines Beobachterstatus nicht mal in ein bis drei Stunden zu erfahren.

Aufmerksam war ich durch Jöran auf Charles Fadel geworden, als er im September 2017 das Buch „Vier Dimensionen der Bildung“ in Hamburg vorstellte (Blogartikel). Anfangs war ich etwas skeptisch. Mein erster Verdacht war, dass Charles Fadel vielleicht zu nah an der Schule und zu weit weg von den Universitäten war. Ein wenig Recherche zeigte, dass er für unsere Fragestellung nach den Hochschulen der Zukunft, die ich mit meinem Kollegen an der FernUniversität in Hagen verfolge, sehr interessant war. Er bietet für Studierende selbst Kurse an und leitet das Center for Curriculum Redesign. Die Kontaktaufnahme gestaltete sich zu meiner Überraschung sehr unkompliziert und innerhalb eines Tages hatten wir einen Termin und einen Ort für ein gemeinsames Treffen ausgemacht.

Interview mit Charles Fadel

Interview mit Charles Fadel, 12.12.2017 in der Gutman Library Harvard Graduate School of Education

Der Treffpunkt war ein wenig abseits des Hauptcampus von Harvard und die Gutman Library sah von Außen gar nicht so beeindruckend und einladend aus. Allerdings offenbarte sie von Innen einen einladenden und kreativen Coworking Space.

Unkompliziert suchten wir einen Raum, der unseren Ansprüchen nach einer Video- und Tonaufnahme halbwegs gerecht werden konnte. Zukünftig sollten wir uns aber vielleicht lieber informieren, ob man einen Raum mieten kann. Offene und kreative Räume stellten sich auf unserer Interviewreise nicht selten als schwierige Räume für Video- und Tonaufnahmen heraus. Auffällig war für mich, dass wir viele Interviews trotz interessanter Kulisse oft vor einer weißen Wand führen mussten. Eine transportabler Greenscreen wäre vielleicht in Zukunft eine Alternative?

Folgende drei Aspekte sind für Charles Fadel in der zukünftigen Bildung (unser Fokus lag auf den Universitäten) wichtig:

  1. Aspekt: motivation factor
    • Die Motivation muss aus den Mitarbeitenden (Forschenden/Lehrenden/etc.) selbst herauskommen. Insbesondere Forschende sollten über ein starkes Eigeninteresse verfügen, sich über Projekte weltweit mit anderen Forschenden/peer groups zu vernetzen und mit- und voneinander zu lernen.
    • Universitäten sind nicht dazu angehalten zwanghaft alle ihre eigenen Mitarbeitenden mitzunehmen. Die Weiterentwicklung der eigenen Mitarbeitenden erfolgt im jeweils unterschiedlichen individuellen Tempo.  Hierbei handelt es sich um eine Frage der persönlichen Initiative. Selbst in Harvard ist man unterschiedlich weit in der Umsetzung der Digitalisierung.  Charles Fadel rät mit den Early Adopter (20%) anzufangen zusammen zu arbeiten, der Rest kommt von selbst nach.
  2. Aspekt: connecting factor
    • Es ist vorteilhaft, wenn Universitäten Ressourcen miteinander teilen. Charles Fadel versteht dies jedoch nicht unbedingt als notwendig, dennoch sieht er klare Vorteile darin, gemeinsam Ressourcen zu nutzen. Des Weiteren berücksichtige ich bei dieser Aussage, dass er an einer der Universitäten lehrt, die wahrscheinlich über weitrechende Mittel verfügt und sich daher in einer sehr exklusiven Lage befindet. Dennoch fördert die Harvard University zusammen mit dem MIT (beide sitzen in Boston) Studierende in gemeinsam finanzierten/organisierten Programmen.
    • Charles Fadel bedauert, dass viele Fakultäten in ihren „eigenen Silos verbleiben“. Studierende und die Universitätsadministration sind aufgefordert diese Silos aufzubrechen. Studierende sollten diesen Aufbruch viel mehr einfordern und die Administration diesen Aufbruch viel mehr unterstützen.
  3. Aspekt: „holy gray aspect“ of technology for education
    • In einer Dekade der Algorithmen erwartet man in der Bildung eine unendliche hohe Anzahl an Möglichkeiten, wie unsere Lernweisen durch intelligente Algorithmen verbessert werden können. So existieren bspw. Ansätze eines intelligenten Tutors. Aktuell wird die Frage wie wir zukünftig lernen, begleitet von der Frage, was wir zukünftig lernen sollten. Studierende benötigen “What we need to test for is Transfer – the ability to use something we have learned in a completely different context. This has always been the goal of an Education, but now algorithms will allow us to focus on that goal even more, by ‘flipping the curriculum’.” (The Global Search for Education: Knowledge in the Age of AI, 3.12.2017) In der Konsequenz, was wie gelernt werden muss, sollten sich die Fakultäten danach orientieren, was die Studierenden benötigen!
    • Bildung sollte von jedem Interessierten eingefordert werden können. Die Digitalisierung hilft dabei, diesen Prozess und den Zugang so einfach, wie möglich zu gestalten. Aus der Perspektive der USA wird der Zugang zu preiswerter Bildung noch einmal notwendiger, als in Deutschland. Allein die Studiengebühren sind im Vergleich zu Deutschland recht hoch (Quelle: Education in USA) Anhand eines Beispiels veranschaulicht Charles Fadel einen einfachen Zugang mit der Unterstützung digitaler Elemente: Die Installation einer Kamera und eines Mikrofons im Klassenraum unterstützt den preiswerten Zugang, da diese Anschaffungen nicht mit hohen Kosten verbunden sind. Ist beispielsweise der Weg zum Klassenraum durch Schnee und Eis zu gefährlich, könnte man sich von zu Hause dazu schalten. Aber auch insbesondere Studierende, die entweder nicht vor Ort wohnen oder über die finanziellen Mittel für ein Studium vor Ort verfügen, können somit auf Bildungsinhalte zugreifen. Fadel verweist damit indirekt auf das von edX entwickelte Kurskonzept des MIT’s des MicroMasters, über das ein Teil der Lehre zu einem geringeren Preis von der Ferne aus absolviert werden kann. Insgesamt können über das blended learning Konzept des MicroMasters die Studiengebühren gesenkt werden und man verwendet die Wartezeit bis man einen Platz für das Studium am MIT erhält sinnvoll, da der MicroMaster über edX als reguläre Studienleistung anerkannt wird.

Die drei Askepkte sind nicht immer eindeutig zu trennen und bedingen sich in einigen Erscheinungen. Zudem versteht Charles Fadel, dass die Digitalisierung keine Fragen der Kosten ist. Sondern versteht darunter eher eine Frage der Öffnung bzw. Skalierung! Auf unseren Weg, auf dem sich die Hochschulen in Deutschland in ihrem Digitalisierungsprozess befinden, gibt er uns mit: Ignoriert Barrieren! Macht einfach und reagiert erst auf Probleme , wenn sie eingetreten sind.