Welche Kriterien können eine virtuelle Tour für den Spieler interessant gestalten?

In diesem Artikel halte ich die für mich wichtigen Kriterien für die Umsetzung einer mobilen Tour fest. Egal, ob es sich dabei um eine klassische Geocaching-Tour (Die Dosenfischer) oder eine virtuelle Tour handelt, die mit aufwendigen weiteren digitalen Informationen aufbereitet wurde und über eine App gespielt werden kann. Eine solche App-Tour sind bspw. die Berufsrouten in Leipzig (Daniel Seitzmediale Pfade; Danilo DietschQ3 Quarter für Medien, Bildung, Abenteuer) oder auch geosurfen, in der Spieler ihre eigenen Touren erstellen können.

Eine kleine Geschichte führt in die Möglichkeiten und Kriterien von mobilen Touren ein. Danach werden in dem Absatz “mobile learning” kurz Potenziale dieses spielerischen Lernens vorgestellt, um dann im letzten Absatz die Kriterien, welche ich aus meinen Erfahrungen und Beobachtungen entwickelt habe, vorzustellen.

Szenario

Durch die nächtlichen Straßen der Innenstadt streift eine Gruppe Jugendlicher. Eine ältere Frau, die gerade am Fenster steht, wird neugierig. Lachend und überschwänglich kamen die Jugendlichen ihrem Haus immer näher, so dass sich die ältere Frau tief in ihre schweren Gardienen zurück zog. Mit einem Mal blieben sie in der Nähe des abgedunkelten Fensters stehen. Ein leichtes Schaudern lief ihren Rücken hinab, als sie einen der jungen Männer sagen hörte, dass ihre Gruppe von hier aus beobachtet wurde. Eine tiefe und blechernde Stimme forderte die jungen Männer auf nach dieser Person zu suchen.

“Hier” die Stimme war nun direkt vor ihrem Fenster. Die anderen jungen Männer wurden durch den Ausruf herbeigelockt. “Na die traut sich was”, hört sie einen anderen sagen. “Und was sollen wir nun mit ihr anfangen?” Der älteren Dame verschlug es die Sprache, bis sie mit einem Mal den Klang eines ihr sehr vertrauten Klavierstückes vor dem Fenster vernahm. Ihre Neugier siegte über die Angst und sie sah zum Fenster hinaus. Dort erkannte sie, wie einer der jungen Männer auf seinem Smartphone Klaviertasten bediente und das Stück von Clara Schumann in Ansätzen nachspielte. Ein trauriges Kopfschütteln konnte sie durch die Gruppe gehen sehen. Sie schöpfte Mut und öffnete das Fenster und die jungen Männer sahen erschrocken zu ihr auf, bis einer von ihnen wohl die Worte wiederfand. Er bat die ältere Dame um Rat, indem er ihr die Noten vorspielte und sie nach dem Namen dieses Klavierstückes befragte. Als er ihre Antwort in das Smartphone eingegeben hatte, leuchteten seine Augen auf und bedankte sich freudestrahlend bei ihr, allerdings müssten sie nun weiter ziehen.

Sie sah der Gruppe Jugendlicher lächelnd nach und wollte gerade das Fenster wieder schließen, als sie die Büste Clara Schumanns direkt neben ihrem Fenster erblickte. Sie wusste, dass unter der Büste ein paar Noten abgebildet waren. Nun musste sie über ihre eigene Fantasie lachen und griff dabei nach ihrem Schlüssel, um ihr Büro in diesem Museum für heute zu verschließen.

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mobile learning

“Ziel ist es, alltägliches Erleben und Bildung miteinander zu verweben. Wenn die Bezüge zum Gelernten im Alltag fehlen, entspricht dies zwar dem alten pädagogischen Paradigma, auf Vorrat zu lernen, jedoch nicht den im Alltag zu bewältigenden Problemstellungen. Ein Problem muss gelöst werden, wenn es vor einem liegt. Ein wesentliches Charakteristikum unseres Lebens ist, dass sich ad hoc Schwierigkeiten ergeben, die überwunden werden müssen.” schreibt Guido Brombach in seinem Artikel “Vom Geo- zum Educaching

Im Alltag stehen wir vor der täglichen Herausforderung neue Situationen / Sachverhalte einzuschätzen, um darauf reagieren zu können. Zudem hat sich das Smartphone in unserem Alltag als treuer Begleiter bewährt, um mit seiner Hilfe schnell einen Überblick oder Orientierung zu gewinnen. Die digitalen Inhalte unterschiedlichster Plattformen sind über das Smartphone fast rund um die Uhr zugänglich. Als embedded learning, also Informationen im Kontext zu erschließen, wird dieser Prozess bezeichnet, weil Orientierung ein Bestandteil des Lebens ist.

Aus diesem Grund, finde ich sind mobile Games ein idealer Ansatz diesen Lernprozess spielerisch zu unterstützen. Über mobile games werden Orte unaufdringlich zum Lerngegenstand, indem sie beispielsweise verwobene (historische, reale, fiktive etc.) Geschichten erzählen. Digitale Daten in Form von Bildern, Quellen, Audio- und Video Dateien begleiten diesen Lernprozess auf attraktive Weise.

Kriterien für eine mobile Tour:

Für jede Tour, die entworfen werden soll, bestimmen die Zielgruppe (Wer soll diese Tour spielen?) und das Ziel (Inhalt der Tour) über die Konzeption einer Tour. Das Konzept für die Tour wird dementsprechend bei der Weiterentwicklung auf folgende Kriterien abgestimmt:

(Erzählung) Soll meine Tour storytelling enthalten?

  • Eine grobe Storylinie kann im Rohentwurf der Tour erstellt werden. Die einzelnen Stationen ermöglichen dieser Storylinie einen sehr individuellen und an die Örtlichkeit angepassten Inhalt wiederzugeben. (vgl. Geschichten hinter vergessenen Mauern aus der Dokumentarfilmreihe von Enno Seifried)
  • Benötige ich einen Avatar, der den Spieler begleitet, in die Geschichte einführt, zu Orten führt, Höhepunkte , Auflösungen anbietet oder etc.?  (vgl. Artikel zu: 5 Tipps zum visuellen storytelling, PR-Blogger, Pia Kleine Wieskamp, 21.Mai 2013)
  • Nicht jede Tour bedarf jedoch einer Geschichte um die Stationen. Der Inhalt einiger Touren lässt sich manchmal klarer vermitteln, wenn direkt und klar zu den Stationen geführt wird..

(Weg) Was sind die Hauptstationen meiner Tour?

  • Wie gestaltet sich der Weg zwischen den Stationen und wie ist er zu bewältigen? Sind die Wege zwischen den Stationen zu lang, beginnt der Spieler sich zu langweilen. Weiterhin sollte der Ersteller einer Tour berücksichtigen,welche Wege sein Spieler gehen kann, um die Station zu erreichen, bzw. welche Hindernisse er zu überwinden hat. Befindet sich zwischen zwei Stationen ein Fluss, eine riesige Baustelle, eine heruntergekommene Gegend, kann es gut sein, dass der Spieler diese Tour aus Frust abbricht.
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  • Des Weiteren beobachte ich auch immer wieder, dass Spieler ungern denselben Weg noch einmal gehen. Ergibt sich aus dem Spiel heraus keine sinnvolle Begründung, wird der Spieler an dieser stelle der Tour etwa (gefühlt) die Hälfte seiner Spielfreude verlieren.
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  • Stationen auf Fähigkeiten (Wegstrecke, Orte der Stationen) abstimmen. Sind die Wege beispielsweise zwischen zwei aufeinander folgenden Stationen zu lang, könnte man überlegen eine Art Überbrückungststation anzulegen.

(Vielfältigkeit) Wie kann ich Abwechslung in meine Tour bringen?

  • Durch das Einfügen weiterer medialer Inhalte, wie bspw. Bebilderungen oder andere Medieninhalte (Film / Audiobeitrag ), der den Inhalt an der jeweiligen Station nochmals wiedergibt, werden die Stationen abwechslungsreich und lockern das Spiel auf.  (Achtung auf Urberrechte etc.)
  • Ebenso kann eine Tour auch durch unterschiedliche Rätsel / Spiele abwechslungsreich gestaltet werden. Beobachtet habe ich auch immer wieder, dass der Ort, wo gerade hingeführt wurde, tatsächliche eine Rolle im Inhalt / Rätsel / Spiel einnehmen sollte. Aufgaben, die der Spieler leicht im Web recherchieren kann, werden bei dem Spieler nicht den Spielspaß entfalten lassen.

 (Form) Wie kann der Inhalt zusätzlich zur Vielfältigkeit ansprechend aufbereitet werden?

  • Textlänge beachten, da zu viel Text oft nicht gelesen und dann übersprungen wird.