Wie hat sich der Unterricht seit April 2020 weiterentwickelt?

Laut der Umfrage des Schulbarometers haben Lehrende und Schulen seit Beginn der COVID-19 Pandemie viel dazugelernt: Digitale Tools werden vermehrt eingesetzt, viele Schulen arbeiten mit Lernplattformen. Es fehlen aber weiterhin verbindliche didaktische Konzepte, Support und Hardware.

In Deutschland wurden im Dezember 2020 / Januar 2021 zum zweiten Mal die Schulen mehrheitlich auf remote learning umgestellt. Das war 300 Tage nach den Schulschließungen im März 2020, wo viele von der Umsetzung von Präsenz- auf remote learning überrascht wurden. 

Wie hat sich der Unterricht seit April 2020 weiterentwickelt? Mit welchen Herausforderungen setzen sich Lehrende aktuell auseinander?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wurde eine Forsa-Umfrage von der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT in Auftrag gegeben. Befragt wurden insgesamt 1.015 Lehrende aus Grundschulen, Haupt-, Real-, Gesamtschulen, Gymnasien und Förderschulen. Der Befragungszeitraum war vom 9. bis 15. Dezember 2020 und wurde als Online-Befragung umgesetzt (Die Erhebung erfolgte weitgehend in den Tagen vor der Verkündung der Beschlüsse eines neuen „Lockdowns“ am 13. Dezember.).

Ich selbst beteilige und engagiere mich selbst seit April 2020 in verschiedenen Formaten (Weiterbildung und individuelle Unterstützungsangebote) um Lehrende in dieser Situation zu helfen. Da ich selbst über mehrjährige Fernlehrerfahrung verfüge (allerdings mit Erwachsenen), kann ich didaktische Konzepte und Ideen, als auch technisches Grundlagenwissen weitergeben und mich mit Lehrenden zugleich über ihre Erfahrungen mit ihrer Zielgruppe austauschen.

Zusammenfassung:

Anfang April 2020 wurde eine erste Befragung zur Situation an den Schulen umgesetzt. Aus ihr ging hervor, dass sich “Schulen haben sich auf den Weg gemacht und sich vor allem im Online-Unterricht weiterentwickelten. Sie zeigt zugleich aber auch, dass noch vieles auf der Stelle tritt.”(Kuhn13.01.2021)

  1. Die Umfrage im Dezember 2020 zeigt, dass sich etwa die Hälfte der Lehrenden mit digitalen Tools und Lernumgebungen zur Unterrichtsbegleitung und -unterstützung auseinandersetzen.
  2. Allerdings hat die Umfrage auch ergeben, dass 39% der Lehrenden weder die Erfahrungen ihrer Schüler*innen noch die der Eltern in eine Konzeptentwicklung für das Schuljahr 2020/21 berücksichtigt haben.
  3. Die Ergebnisse der Folgebefragung sind von Ambivalenz gekennzeichnet. Einerseits setzen Lehrende digitale Tools vermehrt in der Unterrichtsgestaltung ein.
  4. Andererseits haben Schulen in dem Zeitraum von 8 Monaten nur wenige verbindliche Konzepte digitaler Lehre etabliert.
  5. 40% der befragten Lehrenden gaben an, dass diese über keine Strategie verfügen während des digital geprägten Unterrichts zu den Schüler*innen, als auch den Eltern aufrecht zu erhalten.
  6. 57% der Befragten gaben an, dass es an Kompetenzen der Lehrkräfte in der Anwendung digitaler Lernformate mangele,
  7. und 58% fühlen sich nicht ausreichend über den Datenschutz informiert.

Herausforderungen

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  • Wenig Planbarkeit (79%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (85%)
  • Zu hohes Arbeitspensum (74%): höchster Anteil in der Gruppe der 40-49 Jährigen (79%)
  • Sorge um die Gesundheit (72%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (74%)
  • Zunehmende Entgrenzung von Arbeit und Freizeit (66%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (75%)
  • Mangelnde Unterstützung beim Wechsel- oder Fernunterricht (61%): höchster Anteil in der Gruppe der unter 40 Jahrigen (63%) und der 40-49 Jährigen (63%)
  • Fehlende Qualifikation (44%): höchster Anteil in der Gruppe der 60 Jährigen und älter (48%)

Herausforderungen im Wechsel-, Hybrid- bzw. Fernunterricht

  • die Unterstützung der Schüler*innen in Problemlagen sicherstellen (58%)
  • individualisierte Rückmeldungen für alle Schüler*innen sicherstellen (56%)
  • individualisierte Arbeitsaufträge für alle Schüler*innen bereitstellen (55%)
  • die emotionale und motivationale Unterstützung der Schüler*innen sicherstellen (49%)
  • Durchführung von (Abschluss)prüfungen (46%)
  • Erreichbarkeit von Schüler*innen (31%)

Nutzung digitaler Formate

Die Forsa-Umfrage zeigt ebenso auf, dass Lehrende (44%) davon überzeugt sind, dass durch COVID-19 zu langfristig positiven Veränderungen an ihrer Schule führt. Mit 50% am stärksten vertreten ist diese Ansicht bei Lehrkräften von Haupt-, Real- und Gesamtschulen. 69% der Lehrenden wollen zukünftig die neu erworbenen Kompetenzen einer digitalen Unterrichtsgestaltung weiterhin einsetzen. 53% der Lehrenden wollen ihre Schüler*innen zusätzlich mehr in die Verantwortung nehmen. 49% der Lehrenden haben jedoch auch die Hoffnung, dass nach der Pandemie die alten Routinen und Lehr- und Lernformate wieder aufgegriffen werden können. 

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Kommunikation und Betreuung im remote Unterricht

Die an der Befragung teilgenommenen Lehrenden wurden gebeten anzugeben, wie sie mit ihren Schüler*innen bzw. Eltern kommunizieren (würden).

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  1. Ein Großteil der Lehrenden würde per E-Mail (79%) oder
  2. über digitale Lernplattformen (73%) kommunizieren,
  3. mehr als die Hälfte darüber hinaus über das Telefon (58%).
  4. Mehr als jeder Vierte würde außerdem in Papierform (29%) und/oder
  5. über die schuleigene Website (27%) mit Schüler*innen und Eltern kommunizieren.
  6. 22% der Lehrenden würden soziale Medien bzw. Messengerdienste nutzen.

„Digitale Lern- und Arbeitsplattformen würden an weiterführenden Schulen deutlich häufiger genutzt als an Grund- und Förderschulen, dort hingegen deutlich häufiger Telefon und insbesondere die „Papierform“. Lehrerinnen würden häufiger als Lehrer Telefon und Papier für die Kommunikation mit Eltern und Schülern nutzen, Männer hingegen etwas häufiger digitale LernPlattformen, was aber auch mit der Geschlechterverteilung an den verschiedenen Schulformen – insbesondere den Grund- und Förderschulen – zusammenhängt.“ (Schulbarometer 2021, S.26)

Quellen:

  1. forsa (21.12.2020), Das Deutsche Schulbarometer, Spezial Corona-Krise: Folgebefragung
  2. Kuhn, A. (13.01.2021), Sind Schulen jetzt besser auf den Fernunterricht vorbereitet?

kleine digitale Projekte in 8 Schritten umsetzen

Der Praxisleitfaden ist als konkrete Handlungsanleitung für Lehrende gedacht, welche in ihrem Unterricht kleine Veränderungen planen. Der Leitfaden begleitet kleine Wandlungsprozesse, die selbständig und aus eigener Motivation bzw. Erfahrung initiiert werden. Bei dem Leitfaden handelt es sich nur um einen möglichen Ansatz, um ins konkrete Handeln überzugehen.

Der Leitfaden ist in acht aufeinander aufbauenden Teilen gegliedert. Die Zielgruppe wird dabei von Beginn an in den Fokus gerückt. Jede Veränderung soll an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientiert werden. Darauf aufbauend ist das Ziel zu definieren, wie bspw. der Wunsch, dass die Schüler*innen sich mehr im Unterricht austauschen oder selbstorganisierender agieren, und dessen Umsetzung zu konkretisieren. Hinweise und Fragen begleiten dabei die Umsetzung.

Umgesetzt werden kann der Leitfaden als ein Circle (3-5 Personen), in einem Tandem (2 Personen) oder in einzeln.

In abgewandelter Form (mit wissenschaftlichen Verankerungen) wird der Leitfaden für Studierende, u. a. auch Lehrer*innen, an der FernUniversität in Hagen in meinem zu betreuendem Modul des Master eEducation eingesetzt. Des Weiteren wird er in dem Zertifikatsprogramm „Schule digital“ des Instituts für wissenschaftliche Weiterbildung GmbH zur Verfügung gestellt.

Die Grundlage des Leitfadens ist eine Kombination aus gestaltungsorientierter Mediendidaktik, einzelnen (praxisorientierten) Elementen des Design Based Researchs und regelmäßiger Berichte über eigene Wahrnehmungen im Entwicklungsprozess, als auch über den eigenen Projektstand, was Bryce Williams als  „observable Work+ Narrating Your Work“ bezeichnet und von John Stepper als Methode des Working Out Loud weitergeführt wird.

Noch was persönliches: Wie soll der Leitfaden heißen?

Ich finden den Begriff des Praxisleitfadens sehr sperrig, aber ich bin in der Namensfindung doch recht unkreativ, falls du daher eine Idee hast, kannst du sie mir gerne senden.

Gerne unterstütze ich auch persönlich bei einem Einsatz des Leitfadens, entweder als Gruppencoach oder in einem Gespräch zu zweit. Frag einfach einmal an, ob ich Zeit hab.

Literatur:

Kerres, M., & Preußler, A. (2012). Mediendidaktik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag

Euler, D., & Collenberg, M. (2018). Design-based research in economic education. EDeR. Educational Design Research2(2).

Stepper, J. (2016). Working out loud. Training & Development43(1), 6.


Uncertainty into teachers‘ work – a Twitter chat!

In times of uncertainty, we need hope, an optimistic attitude, and positive thinking – so let’s talk about motivation, inspiration, and optimism today in our last #nt2t chat before the summer break, called the introduction of the Twitter chat.

https://twitter.com/seni_bl/status/1266599084690980866

#Nt2t is a Twitter chat. Considering that all countries have to deal with uncertainty in online learning during Covid19, such a global discussion is very interesting. The main discussion was between this following countries:

https://brand24.com/

What is a Twitter chat?

Twitter chats are an easy way to engage with your peers and target audience by asking targeted questions or providing answers to the community. A Twitter chat is a scheduled, organized topical conversation on Twitter centralized around a specific hashtag.

You can compare it with a Meet-Up or a panel discussion around a specific topic. Mostly, there are some invited speakers participated in a panel discussion. An audience listens to speakers. In a Twitter chat, you are at the same time invited speaker and the audience.

What are the requirements for a Twitter chat?

  • A specific hashtag designed for the chat
  • A specific time. Twitter chats usually scheduled for an hour
  • A topic for each chat
  • A moderator posting questions, using the format Q1, Q2, Q3, etc. Twitter chats usually have 6-12 questions.
  • Participants answering the questions, using the format A1, A2, A3, etc.

What are the benefits of a Twitter chat?

Twitter chats give the ability to learn from your peers. If you are looking to connect with more people with your interests, joining a Twitter chat or start ones by yourself.

What was the procedere if the Twitter chat #Nt2t?

It is a good idea to consider a phase of entering for the participants, and moving into the Twitter chat topic and to provide time for closing the Twitter chat. In the following figure, I have tried to show the process for #Nt2t graphically. Between „Entering“ and „Closing“ are different kinds of phases: the first block of questions, based on experiences, followed by the block of interactions, and the second block of questions based on advice.

Procedure of a Twitter chat using the example of #Nt2t

Summary of the questions:

Q1: Despite the crisis situation, what was a positive experience that continues to motivate you? (based on 26 responses)

referred to students:

  • students are demanding online education
  • students are increasing their skills extremely in a short time
  • some students like learning in online environments more as in the presence
  • parents and teachers increasing their engagement together

referred to work attitude of the teachers:

  • connecting with minded people, they help each other
  • sharing exchanges with the peer-group
  • many offers for collaborating
  • become aware of equal responsibilities with the working partner
  • sharing resources

referred to technical issues:

  • using free platform services (free for teachers)

referring to self-efficacy

  • challenging with the extreme conditions
  • feeling empathy and solidarity
  • experiencing with new connections to stay in touch with families and students
  • Re-evaluation of one’s role, skills, and actions
  • to have more quality time with the family

Q2: To counter uncertainties it is good analyze errors. What didn’t go so well in the last weeks and what was the reason? (based on 18 responses)

referring to the struggle in teaching situations:

  • challenging with assignments by students, they copied from each other
  • Transferring presence into online teaching, first following the same pattern, then thinking in new patterns
  • do not reach all students because of technical issues
  • communication does not work every time and resulted in stress situations
  • handling the technique during an online presentation
  • changing constantly the curriculum and trying out what is working and was not

referring to the struggle in working situations:

  • discussion making with others during online connections was more difficult as in the presence
  • Workload underestimated for students and themselves
  • constant availability instead of taking time for thinking processes

referring to the whole situation:

  • trying out new things needs kore time
  • maintaining a balance with work and home life

Q3: Insecure times need a lot of strength. How do you use the school break to recharge your batteries? (based on 17 responses)

referring to nature and going outside:

  • walk/jogging
  • gardening

referring to improving skills:

  • reading
  • cooking
  • baking
  • painting
  • golfing
  • writing
  • working on home projects
  • doing stuff, they didn’t have time before
  • reorganizing things
  • learning
  • planning the next school year
  • Accepting imperfection

referring to improving quality time:

  • spend time with pets and family
  • revitalize relationships
  • building new connections

Q4+Q5:

Q4: If you could wish 3 things for the next school year, what would they be and why? (based on 18 responses)

Q5: What 3 tips would you give to a teacher who starts teaching the next school year? (based on 13 responses)

Most teachers would like more presence time with colleagues and students. This is defined by most teachers as quality time in which to build and strengthen a relationship with them.

Furthermore, open and appreciative cooperation with colleagues is desired, in which experiences, material, etc. can be exchanged.

Only a few teachers wish for the time before Corona. Most of the teachers see the current situation as an opportunity to improve teaching and adapt it to the needs of the students.

Q4: If you could wish 3 things for the next school year, what would they be and why? (based on 18 responses)

  • less curriculum
  • more skills
  • more community-building of all stakeholders
  • back in the building with colleagues (regularly)
  • collaborating with coworkers on how to try new things
  • continue open and honest communication with families and
  • focus on social and emotional well being of students and teachers
  • To be surrounded by colleagues ready to problem-solve
  • That we all have more appreciation for each other
  • redesign school
  • access to internet and devices for those who do not have i
  • Meet my new students before trying to teach them remotely.
  • I wish my current students good luck in person as they enter high school.
  • Take some time to learn what works best for remote teaching
  • better work-life balance
  • consider quality times with family
  • able to be safe for everyone

Q5: What 3 tips would you give to a teacher who starts teaching the next school year? (based on 13 responses)

  • connecting, sharing and participating
  • collaborating
  • Establish relationships early
  • Try something new, fail, and start again. Stay curious. Stay relaxed
  • Don’t hold yourself to the standard of experienced teachers; learn from them while focusing on your growth

Connecting children from different countries in one Makerspace?

I want to create a Makerspace for cultural connections and explorations between children and teenagers  located in two different countries.

What is my motivation?

We are living in one world and everyone has its own „reality“ influenced by their environment and experiences. Together we can build connections between different „realities“ and support a  global community.

What is my goal?

My role would be to organize the structure of exchange, collaboration, and self-learning between two groups of children in different countries. I am thinking a lot about this approach and how I will transfer it into action. I aim to support and enable connections between children across borders. At first, that means boundaries between different cultures and second, boundaries between different social groups.

What are the questions?

For connecting children across different cultures, I need online communication and participation. 

  1. All the time I ask myself, can I mix groups with members from different countries?
  2. How can I organize brainstorming phases and other communicating phases, during online sessions?
  3. How may it influence the atmosphere in an open learning context? 

Finally, I have to try it!

How can I find answers to questions?

Therefore, I am interested in the question: „What are the connections and interactions during a learning process?“ I tried to identify the different main processes in a learning situation: 

  1.  Settings,
  2.  Communication Types,
  3.  Types of Interactions, and
  4. Expression of Self-Efficacy (Blog post from 18.05.2020 „Interaktionen im Lernprozess“ (in German)). 

For me it is necessary to know: when can the communication be built online, synchronous and asynchronous, and when it is valuable to build communication with in person character. Considering the different settings and the expression of self-efficacy some communication processes can be handled online.

What do you think?

Is there an example of a Maker environment that considers online communication? 

What do you think, taking your experience into consideration, is it possible  to create a Maker environment with online collaboration and discussion components?

Interaktionen in Lernprozesse

In den letzten Wochen habe ich mich mit der Frage „Wie können Interaktionen während eines Lernprozesses gestaltet werden?“ auseinandergesetzt.

Auf Instagram hatte ich einen ersten Gedankenaustausch gestartet, hier im Blog folgt nun eine vorläufige Zusammenfassung dieser Gedanken. Dazu starte ich mit meiner Motivation, beruhend auf vielen Beobachtungen, die mich auch emotional erreicht haben. Auch der Austausch in den verschiedenen Social Media Kanälen hat seine Impulse hinterlassen. Strukturiert habe ich den Blogbeitrag folgendermaßen:

  1. Meine Gedanken zum schnellen Wandel von Präsenz- zum Fernlehrunterricht, bedingt durch Corona
  2. Daraus resultierender Micro-Ansatz zur Frage „Wie können Interaktionen während eines Lernprozesses gestaltet werden?“
  3. Impulse, die meine Gedanken beeinflusst haben

Um diesen Blogbeitrag nicht noch länger zu gestalten, möchte ich in den nächsten Wochen anhand einzelner Beispiel die theoretisch verankerten Gedanken anschaulich darstellen.

Instagram-Story

1. Meine Gedanken zum schnellen Wandel von Präsenz- zum Fernlehrunterricht, bedingt durch Corona

Emotional verlaufen die von mir beobachteten Diskussionen über den abrupten Übergang vom Präsenz in den Onlineunterricht. Emotional meiner Meinung nach, weil dieser Umbruch einmal zusätzlich mit einer Krisenzeit einher kommt und emotional, weil viele Menschen nur ungern aus gewohnten Strukturen ausbrechen wollen.

Da die Berücksichtigung digitaler Formate in der Lehre schon seit Jahren(zehnten) gefordert wird, existieren nicht wenige, die damit Erfahrungen gesammelt haben. Dennoch würde ich dafür plädieren, nicht zu vergessen, dass in diesem Zeitraum auch viel ausprobiert und über Trial und Error gelernt wurde. Daher kann ich die Kritik an der Übertragung analoger Strukturen in die digitale Umgebung, die aktuell auf die Schnelle in Folge von Corona umgesetzt wurden, verstehen. Dennoch finde ich die Art und Weise der vorgetragenen Kritik an einigen Stellen unangemessen scharf. Sie wirkt auf mich nicht motivierend.

Nach einigem Austausch mit Lehrern und Eltern in den letzten Wochen, finde ich den Kraftaufwand, der von verschiedenen Seiten vollbracht wird, beeindruckend und ich glaube das das Wohl der Schüler*innen bei Allen ganz oben steht, auch wenn vielleicht verschiedene Personen, dies unterschiedlich interpretieren.

  • Der Einen ist vielleicht wichtig, den Schulstoff durchzubringen, weil in ihrer Vorstellung, sie ihren Schüler*innen so am besten durch den aktuell ungewöhnlichen Schulalltag bringt. Der Schulplan gibt Struktur für Lehrer*innen und Schüler*innen in einer gerade so chaotischen und unbestimmten Welt vor.
  • Der Andere denkt bereits darüber nach, wie die Sommerferien genutzt werden können, wie grundsätzlich neue Strukturen des Lernens an der Schule etabliert werden können, die zudem den Schüler*innen mehr Mitbestimmung und die Förderung weiterer Kompetenzen ermöglicht. Um diese Struktur zu etablieren mobilisiert er jetzt schon das Kollegium und holt sich externe Impulse von unterschiedlichen Seiten hinzu.
  • Dann gibt es da die Lehrerin, die jeden Tag ab spätestens ab acht Uhr Morgens bis spät Abends 10 Uhr vor dem Computer sitzt, um ihre Schüler*innen zu erreichen und für diese ansprechbar zu sein. Ihrem Kind geht es ähnlich und das nimmt sie emotional sehr mit. Sie fragt sich, was das mit ihrem Kind macht, wenn sie den ganzen Tag vor dem Rechner sitzt.
  • Eine Schulkoordinatorin versucht noch in den letzten Wochen bis zu den Sommerferien den Schüler*innen einen gemeinsamen Kick-Off für den Schultag zu ermöglichen, um wenigstens einmal ein Gefühl von sozialer Nähe anzubieten.
  • Ein Vater macht sich Sorgen um seinen Sohn, weil sich dieser aus Angst weigert, das Haus zu verlassen. Wenn dann der Klassenlehrer auch noch eine Aufgabe aufgibt, bei der der Sohn vor die Haustür muss, sei es auch nur kurz für einen Foto-Spaziergang oder einem Spaziergang, bei dem Steine zum Bemalen eingesammelt werden sollen, dann steht er vor einem riesigen Problem. Weiterhin macht er sich Gedanken, was passiert, wenn die Sommerferien kommen und die Schule aus dem Alltag verschwunden ist.
  • Und derer gibt es noch so viel mehr Perspektiven und Berichte …

2. Daraus resultierender Micro-Ansatz zur Frage „Wie können Interaktionen während eines Lernprozesses gestaltet werden?“

Diese von mir oben beschriebenen Beobachtungen und die Diskussion bei und mit Anja C. Wagner um asynchrone und synchrone Kommunikationsformate in Bildungsprozessen, haben mich motiviert, mich mit den verschiedenen Phasen in der Strukturierung von Lernprozessen auseinander zusetzen.

Ich habe vier verschiedene Kriterien (vgl. Abbildung) formuliert, mit denen ich für mich selbst die Strukturen innerhalb von Lernprozessen erkunden wollte:

Abb.: zu berücksichtigende Merkmale in der Gestaltung von Lernprozessen

Settings:

Grob hab ich Lernprozesse in sechs Phasen unterteilt, dabei war mir eine Unterteilung in Verbform wichtig. Ich glaube, dass diese Unterteilung als Orientierung dienen kann, wenn Lernen (egal ob jetzt selbstorganisiert oder als Lehrstruktur von der Bildungseinrichtung vorgegeben) angestrebt wird. Des Weiteren finde ich die Idee sehr charmant, Lernen in verschiedenen (Micro)-Phasen aufzuteilen, da diese dann unterschiedlich zusammengesetzt und wiederholt werden können. Auch die Länge kann variieren. So kann die Struktur bspw. als Orientierung für ein ganzes Schuljahr dienen, als auch für einen vier Stunden-Kurs, bzw. für einen Selbstlernkurs berücksichtigt werden.

1 Entering: In dieser Phase steht das Kennenlernen der anderen Beteiligten, wie bspw. Lehrende, Lernende, Experten, Praktiker*innen, etc., im Vordergrund. Diese Phase des Lernens würde ich daher als sozial geprägt definieren.

2 Developing the organisational structure: Diese Phase wird als Orientierung des organisatorischen Ablaufs genutzt und kann bspw. von folgenden organisatorischen Fragen begleitet werden: Welche Infrastrukturen werden zur Verfügung gestellt? Welchen Einfluss hat die Zeit auf den Lernprozess? Sind bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Meilensteine zu erreichen? Habe ich weitere Verpflichtungen außerhalb des Lernprozesses, die berücksichtigt werden sollten? Wie wird der Kommunikations- und Austauschprozess zwischen den verschiedenen Beteiligten gestaltet?

3 Elaborating the content: In dieser Phase findet die Auseinandersetzung mit dem Inhalt statt.

4 Presenting: Nachdem der Inhalt aufgearbeitet wurde, folgt die Phase der Darstellung des Inhalts. Anderen Beteiligten wird der eigene Gedankengang, ein Ergebnis oder ein Produkt, etc. der eigens erarbeiteten Gegenstandes vorgestellt und Feedback diesbezüglich eingeholt bzw. wenn mehrere zusammen einen Inhalt erschließen wollen, die ersten Ergebnisse sich gegenseitig präsentiert.

5 Improving: Mit dem Feedback und den erhaltenen Impulsen aus der vorherigen Phase, kann das Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand verfeinert und angepasst werden.

6 Reviewing: Die überarbeiten Inhalte zum Lerngegenstand werden wiederum vorgestellt und im besten Fall in einen konstruktiv kritischen Dialog integriert.

Communication types:

Es existieren verschiedene Formen der Kommunikation. Oft ist unser Kommunikationsverhalten an persönliche Vorlieben oder etablierten Mustern gebunden. Ich möchte mich in meiner Betrachtung auf zwei Kommunikationsformen beschränken. Kommunikation ist in Lernprozessen essentiell, weil Interaktionen Feedbackprozesse  und einen gemeinschaftlichen Konsens ermöglichen.

  • Synchron: Synchrone Kommunikation ist dadurch gekennzeichnet, dass sie in Echtzeit zwischen den Teilnehmenden stattfindet.
  • Asynchron: Asynchrone Kommunikation findet zeitlich versetzt statt.

Types of interactions:

In dieser Kategorie werden die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit berücksichtigt.

  • Individual: Es findet keine konkrete Zusammenarbeit mit anderen statt.
  • Partizipative: Eine Aufgabe wird in unterschiedliche Teilaufgaben gegliedert, für die jeweils unterschiedliche Zuständigkeiten der Bearbeitung festgelegt werden.
  • Collaborative: Die Beteiligten arbeiten zusammen an einer Aufgabe ohne feste Grenzen, bspw. in Form von Teilaufgaben, festzulegen. Die Teilnehmenden beteiligen sich aufgrund ihrer Ressourcen und Interessen an dem Lernprozess.

Expression of self-efficacy:

Mit dem Ausdruck „Expression of self-efficacy“ verbinde ich den Aspekt, die eigene Selbstwirksamkeit zu fördern und damit das Vertrauen in sich selbst zu stärken, um eine Handlung erfolgreich ausführen zu können. Selbstwirksamkeit ist daher eng mit dem Begriff des Selbstbewusstseins verbunden. Eine hohe Ausprägung an Selbstwirksamkeit äußert sich darin, dass Lernende an ihre eigenen Kompetenzen glauben. Ist hingegen die Selbstwirksamkeit der Lernenden gering ausgeprägt, so glauben diese, dass äußere Strukturen (Schicksal, andere Menschen etc.) ihre Handlungen bestimmen.

3. Impulse, die meine Gedanken beeinflusst haben

Die Formulierung der vier verschiedenen Kriterien orientieren sich u.a. an:Der Transactional Distance Theory (TD) von Moore (1993): Moore’s Motivation bestand darin ein Model anzubieten, mit dem die Herausforderung der physischen Trennung begegnet werden kann. Er definiert daraufhin drei Schlüsselkomponenten, die im Kontext einer erfolgreichen Fernlehre berücksichtigt werden sollten: die Struktur des Lehrprogramms, den Dialog zwischen den Lernenden und den Lehrenden, als auch den Lehrenden und Lernenden untereinander und Autonomie der Lernenden.

Einfach ausgedrückt, je weniger Lehrende direkt mit Lernenden interagieren, desto mehr Autonomie ist den Lernenden zuzugestehen und desto strukturierter sollte das Curriculum sein.

Die Formulierung der Selbstwirksamkeit orientiert sich an Alberto Bandura (1993).

Die Krise als Motor der Weiterentwicklung nutzen: Flächenweite Umsetzung von Distance Learning in Kalifornien in allen Schulklassen

Ich bin beeindruckt mit wieviel positiver Energie, Kreativität und auch gegenseitiger Unterstützung die Lehrenden ihre Schüler*innen in Kalifornien in den letzten Wochen begleiteten und nicht allein lassen wollen. Natürlich lese ich auch immer wieder Stimmen, die Überforderung, Desorientierung und Hilflosigkeit ausdrücken und zwar auf Seiten der Eltern, der Lernenden und der Lehrenden.

Ida B. Wells High School ist eine öffentliche High School in San Francisco, Kalifornien, in der Nähe des Stadtviertels Hayes Valley. Die Schule gehört zum San Francisco Unified School District (SFUSD).

Die Situation, der flächenweiten Schulschließungen durch COVID-19, war und ist weiterhin eine Herausforderung für alle.

Der Antriebsmotor aller Beteiligten scheint mir überwiegend aus einer Kombination mehrerer Ansätze zu bestehen: eigenem Willen, Kreativität, Realitätsanerkennung und Pragmatismus. Zugleich wird zugelassen und verstanden, dass in dieser Situation kein perfektes Lehr-Lern-Szenario umgesetzt werden und wahrscheinlich auch nicht jede*r Schüler*in erreicht werden kann, auch wenn es versucht und dafür sehr energisch gekämpft wird.

Bis zum Ende des Schuljahres 2019/2020 bleiben die Schulen in Kalifornien geschlossen (Link: EdSource). Aus dieser klaren Ankündigung entwickelten die öffentlichen Schulen aus der Not heraus ihr Konzept im Format von Distance Learning weiter. In dem nachfolgendem Beitrag gehe ich lediglich auf meine Wahrnehmung der Entwicklung an öffentlichen Schulen im San Francisco County (SFUSD), mit etwa 124 Schulen, ein.

Die privaten Schulen (116) haben einen ganz unterschiedlichen Umgang mit der Situation. Viele private Schulen, die bisher noch über keine Distance Learning Konzepte verfügten, entwickeln ähnliche Ansätze. Nicht wenige Privatschulen besitzen schon sehr weit entwickelte Distance Learning Formate, die in ihrer Philosophie mit verankert sind. Wenige Ausnahmen haben sich dazu entschlossen keinen Unterricht anzubieten.

Die besonderen Herausforderungen in der Umsetzung von Distance Learning in Schulen scheinen mir folgende zu sein:

  • Die Gestaltung des Online Unterrichts ist insbesondere für jüngere Schüler*innen herausfordernd.
  • Der Zugang zu Mahlzeiten, der insbesondere für Schüler*innen aus einkommensschwachen Familien essentiell ist, soll weiterhin gewährleistet sein.

Wie wurden die ersten Wochen genutzt?

Mit der Ankündigung der Schulschließungen bis zum Schuljahresende, verliefen die ersten Wochen oftmals etwas chaotisch, aber kreativ und letztendlich wurden diese Wochen auch zur Vorbereitung genutzt.

Zum Einem wurden Materialien manchmal willkürlich auf die Schnelle zusammengestellt, die den Schüler*innen in den ersten beiden Wochen helfen sollten, sich mit dem Unterrichtsstoff auseinander zusetzen (bspw. in Form von Linksammlungen).

Fehlende Geräte wurden bereitgestellt und Hotspots für einen Internetzugang, insbesondere für die Familien, die sich bisher keinen Zugang leisten konnten, installiert. (Was nicht bedeutet, dass alle Schüler*innen aktuell über ein Gerät bzw. Internetzugang verfügen.)

Darüber hinaus wurden die ersten Wochen genutzt, um ein Distance Learning Programm aufzustellen, welches auch nach Corona weiterhin eingesetzt werden kann. An dieser Entwicklung waren mehrere Instanzen beteiligt. Die nachfolgenden Screenshots zeigen ein Beispielmuster für einen möglichen Tagesplan für Middle und High School Schüler*innen

  1. Das Departement of Education hat Richtlinien (Handlungsvorschläge) entwickelt, die als Orientierung dienen. Bei den Handlungsvorschläge werden den Lehrenden Freiheiten in der Umsetzung gegeben und zudem mit Best Practice Beispielen veranschaulicht. Ein 45-seitiger Leitfaden  empfiehlt vier Stunden täglichen Unterricht, entweder zusammen oder getrennt, mit regelmäßiger Interaktion und Bürozeiten, die je nach Klassenstufe aufgeschlüsselt sind.
  2. Lehrende wurden/werden über Online Webinare (Link)  weitergebildet, um virtuelle Kurse zu erstellen, mit Kollegen zusammenzuarbeiten und sich aus der Ferne mit ihren Schüler*innen zu beschäftigen.
  3. Eine Video-Austauschplattform, auf der Mitarbeiter*innen über ihre Erfahrungen sprechen, nach Ratschlägen fragen können wurde umgesetzt.
  4. Ein Service für verschiedene Anliegen wurde etabliert, bei denen sich Lehrende technologische, didaktische und weitere Unterstützungen, telefonisch, per E-Mail, etc. bei Bedarf einholen können.
  5. Es wurden Online Umgebungen in Kooperation/Kollaboration mit Didaktiker*innen (Instructional Designern), Techniker*innen, Lehrenden, Administrator*innen umgesetzt.

Die öffentlichen Schulen versuchen mit dem Distance Learning Programm die individuellen Zugänge zu den Online Umgebungen der Lernenden mit ihrem Familien abzubilden, indem sie verschiedene Optionen des Lernens berücksichtigen. Diese sind in der nachfolgenden Grafik zusammengefasst:


Quelle: https://www.cde.ca.gov/ls/he/hn/distancelearning.asp

Das Distance Learning Programm für Schüler*innen berücksichtigt:

  • Einen Vorschlag in Form einer Tageseinteilung: Die Schüler*innen nehmen jeden Tag an mindestens einer strukturierten akademischen Unterrichtsstunde und einer sozial-emotionalen, gemeinschaftsbildenden Unterrichtsstunde teil, die von ihrem eigenen Klassenlehrer digital vorgetragen wird.
  • Den Beginn des gemeinsamen Schultag mit einem online Meeting, um virtuell in Kontakt mit Mitschüler*innen und Lehrende zu treten.
  • Ein Angebot individuelle Sprechstunden mit den Lehrenden.
  • online gegebene Impulse, mit denen Lehrende ihre Schüler*innen zum selbständigen Lernen motivieren, um dann abschließend sich über das Ergebnis zu reden (Kombination aus Fernunterricht und/oder Selbststudium).
  • Individuelle virtuelle Unterstützung bei Verständnisproblemen.
  • Die Zeit, die Schüler*innen online (oder auch Screentime) vor dem Rechner verbringen, soll so gering, wie möglich gehalten werden.
https://abc7news.com/video/embed/?pid=6094036

Wie sind eure Erfahrungen in der Zeit, in der die Schulen geschlossen waren?

Quellen: